St. Egidien widmet sich erneut der historischen Nürnberger Musiktradition. In einem Jubiläumskonzert zu Ehren von Johann Andreas Kindermann und Johann Andreas Herbst sind die großen Nürnberger Komponisten des Barock zu hören.
Über genau ein Jahrhundert spannt sich der Bogen des Konzertprogramms:
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts holt der Rat der Stadt mit
Hans Leo Hassler eine der ganz großen Talente wieder zurück in die Stadt. Von ihm wird eine prächtige, venezianisch inspirierte 16stimmige Motette aufgeführt. Zeitgleich mit Hassler kam
Melchior Franck aus Augsburg. Ihm wurde eine Stelle als Lehrer an der Egidienschule angeboten. Da auch nach einem Jahr keine interessanterer Posten für ihn in Nürnberg in Sicht war, verließ er schon bald wieder die Stadt. Seine erst jüngst edierten Bußpsalmen wurden in Nürnberg gedruckt und werden erstmalig wieder in Egidien aufgeführt werden. Hans Leo Hassler, Musikdirektor an der Frauenkirche, hatte auf Johann Andreas Herbst und Johann Staden einen großen Einfluss und war vermutlich deren Lehrer.
Johann Andreas Herbst, dessen 350. Todesjahr wir in diesem Konzert begehen, war nicht nur ein guter Komponist und Organist an der Frauenkirche, sondern auch ein einflussreicher Theoretiker. Aus seiner bedeutenden Schrift „Eine kurtze Anleitung … wie man eine schöne Harmoniam, oder lieblichen Gesang … machen soll“ haben wir uns auch für diese Aufführung inspirieren lassen. Von ihm werden Werke aufgeführt, die der Zinkist und Leiter des Johann Rosenmüller Ensembles Arno Paduch aus Handschriften für dieses Konzert übertragen hat.
Johann Staden wiederum war nicht nur eine der prägendsten Persönlichkeiten des Nürnberger Musiklebens dieser Zeit, sondern auch der Lehrer von
Johann Erasmus Kindermann. Dieser übertrifft seinen Lehrer an Einfallsreichtum, Fantasie und musikalischer Raffinesse. Früh verstorben hinterließ er ein vielfältiges Werk, das jedoch bald in Vergessenheit geriet. Zu seinem 400. Geburtstag sind von ihm zahlreiche Werke publiziert worden. Eine Auswahl davon wird erstmals wieder an ihrem Uraufführungsort– der Egidienkirche – erklingen. Kindermann, der ein Jahr in Italien auf Kosten des Rates der Stadt studieren konnte, brachte die neue italienische Manier nach Nürnberg und kreierte einen ganz eigenen, individuellen Stil, der Generationen von Nürnberger Komponisten geprägt hat. Kindermann hatte zahlreiche Schüler, einer von ihnen –
Heinrich Schwemmer – unterrichtete Johann Pachelbel. Von Schwemmer gibt es kaum erhaltene Werke, viele sind verloren gegangen. Das im Konzert zu hörende komponierte er zur Beerdigung des Rektors des Egidiengymnasiums und Pfarrers von St. Sebald Michael Dilherr. Das große Finale des Konzerts bildet das Magnifikat in F von
Johann Pachelbel, der am Ende des Jahrhunderts als Komponist und Organist an St. Sebald
Nürnbergs Musikleben zu einem neuen glanzvollen Höhepunkt führte.